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Was wird vorgeschrieben oder empfohlen? Als oberste Regel gilt natürlich SOLAS, hilft uns aber letztlich nicht weiter. Da werden in Kapitel I, Regel 3 zunächst Sportboote von allen Festlegungen ausgenommen, dann aber in Kapitel V, Regel 19.2 bei der Navigations- und Sicherheitsausrüstung wieder eingeschlossen. Hier wird in Ziffer 7 für alle Schiffe unter 150 BRZ - darunter fällt alles, was wir üblicherweise fahren -  ein Radarreflektor gefordert, der die Erkennung durch radarbestückte Schiffe sowohl auf 9 als auch auf 3 GHz ermöglicht. Nach Regel 18 müssen alle Ausrüstungsgegenstände der Regel 19 behördlich zugelassen sein. Und nun kommt’s: Das Ganze gilt nur „if practicable“, und außerdem dürfen die Behörden der einzelnen Staaten für die Kleinschifffahrt eigene Regeln erlassen, die die SOLAS-Regeln abschwächen. Also vergessen wir SOLAS und gucken in die Broschüre „Sicherheit im See- und Küstenbereich, 6. Auflage 2006“ des BSH, herausgegeben in Zusammenarbeit mit allen deutschen Gesellschaften und Verbänden, die sich mit der Sicherheit auf See befassen. Diese Broschüre ist kostenlos beim BSH oder auch bei uns in der Geschäftsstelle zu beziehen und sollte von allen Schiffsführern beachtet werden. Darin heißt es: „Sportfahrzeuge mit einer BRZ unter 150 müssen mit einem zugelassenen Radarreflektor ausgerüstet sein.“ Also nichts da mit einer schwächeren Auslegung  durch deutsche Behörden. Wer hätte das auch gedacht? Welche Eigenschaften ein zugelassener Radarreflektor haben muss, wird nicht ausgeführt. An anderer Stelle steht jedoch:“ Die Kantenlänge bei dreieckigen Flächen des Reflektors (vorsichtshalber wird nicht gesagt, welche Kante des Dreiecks gemeint ist) sollte mindestens 30 cm betragen, der Radius bei Viertelkreisflächen mindestens 22 cm.“ Anders ausgedrückt: Ein Reflektor mit geraden Kanten (also meist ein Oktaeder) sollte ein Außenmaß von 60 cm haben, einer mit Kugelgestalt von 44 cm. Ganz schön groß und für Segelyachten eigentlich undiskutabel, wenn ständig fest installiert. Letzteres ist aber angesichts der vielen Schnellfähren durchaus wünschenswert und von anderen Autoritäten, wie nachfolgend beschrieben, dringend empfohlen.

Die „Sicherheitsrichtlinien der Kreuzer-Abteilung“, eine Erweiterung der ORC-Richtlinien, verpflichtend für Teilnehmer an Seeregatten und empfohlen für alle anderen, schreiben als Sicherheitsausrüstung einen Radarreflektor nach ISO 8729 vor (hat ja schließlich jeder Segler an Bord): „Achtflächige (gemeint sind wohl achteckige, d. h. mit 8 innenliegenden Ecken, d. Verf.) Radar-Reflektoren müssen einen Mindestdurchmesser von 457 mm besitzen; nicht-achtflächige Reflektoren müssen eine vom Hersteller attestierte Reflektionsleistung von > 10 m2 Kugelprojektionsfläche (Normdefinition) besitzen“. Der Reflektor ist „in Yachtstellung entsprechend den Empfehlungen des BSH anzubringen“, d. h. in bestimmter Neigung fest zu montieren. Ähnliches sagt die britische Maritime and Coastguard Agency (MCA) in ihrem Merkblatt MGN 349 von 2007 (Carriage and Use of Radar Reflectors on Small Vessels).

Wenn die Ausdrucksweise der KA-Richtlinien auch eine Zumutung ist, so stimmen die verschiedenen Anforderungen der maßgebenden Institutionen doch einigermaßen überein. Man sollte also meinen, dass konforme Lösungen auch auf dem Markt angeboten werden.

Was bietet der Handel an? In den Katalogen der Anbieter von Bootszubehör finden sich verschiedene passive Radarreflektoren in oktaeder- oder kugelförmiger Gestalt. Nur einer davon entspricht in seinen Außenabmessungen in etwa den Forderungen der KA-Richtlinie. Nach der BSH-Broschüre reicht er schon nicht ganz aus. Eine „Zulassung“ oder auch nur eine vom Hersteller attestierte Reflektionsleistung besitzt keiner. Im Gegenteil. Bei einem Exemplar wird von „preiswerter Sicherheit“ gesprochen. Was für ein Gesülze! Was nützt ein guter Preis, wenn die Forderungen nicht annähernd erfüllt werden.

Dann werden noch die gefälligeren, röhrenförmigen „Easy Mobri“-Reflektoren angeboten, die selbst Regattasegler akzeptieren könnten. Aber von einer bestimmten Reflektionsleistung, einem Attest oder gar einer Zulassung findet man nichts. Keiner, selbst kein redegewandter Verkäufer, weiß etwas Nachweisbares über ihre Wirkung. Nur der „Echomax 230“ in der Gestalt eines Fenders und in deutlich höherer Preisklasse erfüllt offensichtlich alle Anforderungen der Regelwerke. Aber wer hängt sich schon einen Fender ins Rigg? Außerdem soll ISO 8729 demnächst neu herauskommen, und dann gelten neue, weitaus schärfere Regeln.

Mit anderen Worten: es gibt keinen passiven Radarreflektor, der sowohl die Sicherheitsvorschriften als auch die Wünsche von Bootsbesitzern bezüglich Eleganz und Schnelligkeit ihrer Yachten erfüllt.

Allerdings gibt es eine andere und wesentlich teurere Lösung: den aktiven Radarreflektor, englisch Radar Target Enhancer (RTE). Er wird sowohl vom MCA-Merkblatt als auch von der BSH-Broschüre empfohlen. Ein Fabrikat gibt vor, die BSH-Zulassung zu haben. Der RTE ist klein genug, um das Boot nicht zu verunstalten. Er sendet derzeit nur auf dem X-Band, was zwar nicht SOLAS-konform aber vielleicht nicht so sonderlich nachteilig ist, da jedes ausrüstungspflichtige Schiff mit einem solchen Radargerät ausgestattet sein muss. S-Band Radare können zusätzlich verwendet werden. Seine wesentlichen Nachteile sind, dass er Strom verbraucht und das Portemonnaie schröpft. Aber was tut man nicht alles für einen Sicherheitsgewinn.

Aber nicht nur das. Tief im Innern hat auch jeder Schiffsführer die Befürchtung, verschuldet oder nicht in eine Seeunfalluntersuchung zu geraten. Da wird durch eine Behörde gnadenlos aufgezeigt, was man an Sorgfaltspflichten alles versäumt hat. Ein gutes Argument, bei Anschaffungsüberlegungen großzügig über Geldfragen hinweg zu sehen. Schnell gucken wir mal in den jüngsten Untersuchungsbericht der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung vom Dezember 2008 (http://www.bsu-bund.de/Unfallberichte). Da wird eine Gefahrenherbeiführung einer Segelyacht bei dichtem Nebel in der Einfahrt zum Warnemünder Hafen behandelt. Die Sicherheitsausrüstung und das Verhalten der Besatzung werden im Detail beschrieben. Ein Radarreflektor, der in dieser Situation sicher notwendig gewesen wäre, wird nicht erwähnt. Zufall? Nachlässigkeit? Absicht? Oder ist ein Radarreflektor doch nicht so wichtig?

Nach diesen unbefriedigenden Ausführungen drängt sich dem Leser wahrscheinlich folgende Frage auf: Was hast Du schlauer Schreiberling denn bei Dir selbst an Bord installiert? Nun, da die Regeln auseinandergehen und die Handelsprodukte auch davon noch abweichen, habe ich den Passus „if practicable“ in Anspruch genommen und mich für einen flauen Kompromiss entschieden: Ich fahre einen röhrenförmigen Easy Mobri Reflektor ständig fest im Want und den erwähnten annähernd richtlinienkonformen großen Oktaeder-Reflektor flach auseinandergenommen in der Backskiste. Bei schlechter Sicht heiße ich ihn vor.

Ich überlasse Sie jetzt Ihren eigenen Überlegungen.

Nachsatz: Sie werden gemerkt haben, dass ich nicht eine dritte Frage gestellt habe, nämlich, was an Wissen und Versuchsergebnissen über die Wirksamkeit der verschiedenen Reflektortypen vorliegt. Das können und sollten Sie z.B. in Palstek 5/06 und in segeln 10/2006 nachlesen, wobei der erste Artikel der gründlichere ist. Beide sind sehr hilfreich zum Verständnis und helfen vielleicht, sich zu entscheiden. Aber mein Ansatz war ein anderer: was schreiben Autoritäten vor, und was sollen wir einfachen Segler in unserer Verwirrung damit anfangen?

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